Ein Stueck von der Liebe

100 Versuche, die Liebe zu erklaeren

Foto: Frank Schinski

„Man ist – je nach Gruppe – zehn bis zwölf Kilometer mit dem Rad in Hannover unterwegs, lernt verborgene Ecken und freundliche Mitradler kennen, und man kann dabei diese merkwürdige Erfahrung der Ästhetisierung der Welt machen. Weil man in einem ästhetischen Rahmen unterwegs ist, verliert drumherum vieles seinen Wirklichkeitsstatus. Die Welt rutscht in ein „Als ob.“

„Dem Theater Fenster zur Stadt ist wieder etwas Großartiges gelungen. Es eröffnet dem Publikum neue Perspektiven, ist ganz nah am Geschehen der Stadt und behandelt dabei ein Thema, das so groß ist wie kaum ein anderes.“

Hannoversche Allgemeine Zeitung 07/2022

Carsten Hentrich erzaehlt ueber das Theaterstueck

Um mit dem Rad in drei Gruppen durch die Stadt zu fahren, müssen wir uns verbinden. Wir erfahren die Liebe der Orte in den Szenen, die dort gespielt werden. Liebe hat immer etwas mit der Verbindung zu der Welt zu tun. Außerdem wollen wir durch die Fahrradtour verschiedene Perspektiven auf die Liebe darstellen.

TAZ Kultur Nord 27.07.2022

Foto: Frank Schinski

In den nächsten 2,5 Stunden werden wir kreuz und quer durch Hannover unterwegs sein, unterschiedliche Stationen anfahren und versuchen das Geheimnis der Liebe zu ergründen.

Ich werde vorweg fahren und Sie fahren mir einfach hinterher. Achten Sie dabei auf ihre Mitmenschen, Kümmern sie sich umeinander, denn das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Liebe, und natürlich auch dafür, dass wir alle sicher ankommen.

TRAINER:

Die Liebe ist, wie der berühmte Soziologe Niklas Luhmann sagt:

TRAINERIN UND TRAINER:

„Die ganz normale Unwahrscheinlichkeit, im Glück des anderen sein eigenes Glück zu finden“.

Foto: Melina Gross
Foto: Frank Schinski

WHAT WE NEED IS LOVE!

WHAT WE NEED IS LOVE!

WHAT WE NEED IS LOVE!

WHAT WE NEED IS LOVE!

WHAT WE NEED IS LOVE!

WHAT WE NEED IS LOVE!

LOVE IS WHAT WE NEED!

LOVE IST WHAT WE NEEEEEEEEEEEEEEEEEEED!

Foto: Frank Schinski
Foto: Melina Gross

Schauen sie: wenn die Liebe, die ein Mensch zu geben hat, ein Kuchen wäre, dann kann man diesen Kuchen doch in beliebig viele Stücke aufteilen….

A: Dann wären die Stücke bei uns nicht besonders groß. Jeder bekäme nur ein kleines Stückchen: also Reiner, Mark, Bernd, Mario, Klaus …

B: Olaf, Andreas, Frank, Dominik, Robert, Lutz, Valentin

A: der schöne Emanuel, Dirk, Artur, Karl,

B: die Eltern und unsere Kinder,

A: Unsere beste Freundin und ihr Hund Lux… Alle bekommen nur ein kleines Stück.

Foto: Melina Gross
Foto: Frank Schinski

B: Bei unserer Freundin wären es nur eher zwei große Stücke,

A: während es bei uns nur Stückchen wären. Fast Krümel. Das gibt mir zu denken.

AMOR:

Wir befinden uns hier in einem immer wieder geträumten, alten Kindertraum, geträumt von vielen Menschen, ob jung oder alt, hetero oder homo, Trans oder Inter, Schwarz-weis, oder in Farbe, dieser Traum wiederholt sich immer wieder und wieder und immer immer wieder.

Foto: Frank Schinski
Foto: Melina Gross

PRINZ:

Das ist wahr…

AMOR:

 …und auch wieder nicht. Viele Legenden sind seitdem entstanden und es wurden viele Wünsche, Vorstellungen, Fantasien und Träume von uns Menschen in diese Geschichte hineingelegt. Die (wirkliche) Wahrheit ist, naja, dass es nicht ganz stimmt, dass das Dornröschen 1-0-0 Jahre wartete…

PRINZ:

Im Märchen schon…

AMOR:

…aber bei uns heute spielt die Zeit keine Rolle mehr, denn es gibt jedes Jahr ein Dornröschen. Das hier ist das Dornröschen 2022. Und das stimmt auch nicht ganz, denn es gibt mehrere.

Prinz:

Die ganze Welt ist voll davon…

Foto: Frank Schinski
Foto: Melina Gross

AMOR:

Denn unser Dornröschen liegt hier stellvertretend, oder wenn sie wollen symbolisch, für alle Menschen, die wachgeküsst werden wollen.

Tanzen verbindet. Tanzen macht uns emphatischer, großzügiger, weniger vorurteilsbehaftet. Tanzen verbindet uns zu einem einzigen großen Organismus und dann ist ALLES möglich.

Foto: Frank Schinski

Die Welt rutscht in ein „Als ob“. Der junge Mann in seinem roten Auto, der sehr laut hört, wie ein Sänger in Reimen die Welt erklärt, die Frau, die einen Beutel mit Grünschnitt trägt und aussieht, als ob sie lieber irgendwo anders wäre, die Kinder der Geflüchteten, die einander vor den Containern kreischend jagen – alles wirkt plötzlich fremd, wie in einen Rahmen gestellt, so, als könnte es auch ganz anders sein.

Hannoversche Allgemeine Zeitung 07/2022